Ist es möglich einen Menschen so weit in die Verzweiflung zu treiben, ihn zu Taten zu bringen, an die er niemals auch nur gedacht hat und dass nur durch die Presse und das davon ausgelöste Misstrauen der Menschen?
Diese Thematik stellt Heinrich Böll ins Zentrum seiner Erzählung, "Die verlorene Ehre der Katharina Blum".
Böll fasst ein gesellschaftliches Problem seiner Zeit auf, welches aber auch heute noch aktuell ist, auch wenn schon etwa 41 Jahre vergangen sind seit der Veröffentlichung seines Buches. Dadurch ist es kein Buch, welches man schnell lesen sollte, und womöglich noch manches überlesen wird. Dies ist ein Buch welches man mit Bedacht lesen und sich Gedanken dazu machen sollte, denn dies war bestimmt auch Bölls Ziel, sonst hätte er eine langweilige Liebesgeschichte geschrieben, wenn er gewollt hätte, dass man dieses Buch zum Vergnügen liest. Er wollte mit seiner Erzählung den Menschen die Augen öffnen und sie dazu animieren genauer hinzuschauen und sich mehr Gedanken zu machen.
Dieses Buch spricht Leser, die gerne etwas anspruchsvollere und gehaltvolle Romane lesen, bestimmt mehr an als andere, welche gerne etwas oberflächliche Geschichten lesen. Bestimmt wird es aber auch diesen Lesern gut tun dieses Buch zu lesen, denn Böll richtet sich mit seiner Aussage an alle und nicht nur an einen kleinen Kreis.
Am Anfang des Buches bekommt man einen Einblick in das eigentliche Ende der Erzählung. Katharina Blum gesteht ihren Mord an den Journalisten und bittet um ihre Verhaftung.
Danach fällt die Geschichte in der Zeit zurück und erzählt, wie es dazu gekommen ist, dass Katharina den Journalisten Werner Tötges umbrachte.
Ihre Liebe zu einem schon lange gesuchten Verbrecher, Ludwig Götten, brachte sie in eine verzwickte Lage. Sie wurde reihenweise Verhören unterzogen und ihr wurde eine Mittäterschaft unterstellt. Die Medien, welche nur so auf Skandale aus waren, inszenierten diese Geschichte ganz dramatisch, stellten Katharina in ein schlechtes Licht und trieben sie immer mehr in die Verzweiflung. Die Menschen in ihrem Umfeld wurden misstrauisch. Katharina wurde aus der Gesellschaft ausgeschlossen und mit gemeinen und schmierigen Telefonaten und Briefen überhäuft.
Dies trieb sie in eine unendliche Verzweiflung, bis sie aus Not, den Journalisten Tötges umbrachte.
Der Schluss greift wieder den Anfang auf, und rundet so, die Geschichte sehr elegant ab.
Heinrich Bölls Erzählung ist in einem sehr schönen und eher anspruchsvollen Deutsch geschrieben. Er hat einen ganz eigenen Schreibstil, welcher dem Buch auch noch viel mehr Spannung verleiht. Dem Leser macht es Freude ein solches Buch zu lesen, da es wie in einem Fluss geschrieben ist.
Der Anfang und das Ende der Geschichte stehen in einer Verbindung zueinander und schliessen so dass Buch ab. Abgeschlossen ist die Geschichte aber keineswegs, denn man weiss nicht was mit Katharina nun passiert oder ob sie ihrem Ludwig nun näher ist oder nicht. Dies lässt dem Leser viel Freiheit, um sich ein eigenes Ende auszudenken.
Mit dieser Erzählung wollte Böll bestimmt nicht nur eine schöne Geschichte schreiben, sondern eine Aussage machen, die ihm am Herzen liegt. Dies ist ihm definitiv gelungen.
Anfangs sorgt das eigentliche Ende der Geschichte, welches schon am Anfang sozusagen verraten wird, für Verwirrung. Auch die langen Verhöre von Katharina nehmen viel Platz ein in der Geschichte, was das Lesen zeitenweise etwas zäh und mühsam macht. Gegen Ende jedoch, kann man die Geschichte immer mehr verstehen und erst am Schluss, wenn das Buch zu Ende ist, fängt man sich richtig an Gedanken zu machen, die Geschichte zu verstehen und Bölls Aussage nachzuvollziehen.
Eine solche Aussage in eine gute Geschichte zu verpacken ist nicht einfach, aber Böll ist das hervorragend gelungen. Dieses Buch sollte man lesen, denn es öffnet einem die Augen und zeigt eine Seite auf, welche man als Konsument nicht mitkriegt. Es gibt ein anderes Bild auf unsere Gesellschaft und lässt einem Nachdenken und zwei Mal hinsehen.
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